Erben, Emotionen und Immobilien: Warum das Familienhaus zum Auslöser von Konflikten wird
Immobilien-Mediation - Dr. Gerhart Flothow
Zu Gast im Trauermanager-Podcast "Das Schwere Leicht gesagt"
Gastgeber: Stefan Hund
Dr. Gerhart Flothow ist ein sehr erfahrener Wirtschaftsmediator und DER Experte für Immobilienmediationen aus Mainz.
Kommt es ans Erben und sind Immobilien da, gehen die Emotionen bisweilen durch die Decke. Ist zuvor nichts geklärt, eskaliert die Situation und es wird richtig schmerzhaft und teuer.
Gemeinsam mit Dr. Flothow tauche ich (Stefan Hund, Moderator) tief in die emotionalen und gesellschaftlichen Konflikte rund um das Thema Erben ein – insbesondere, wenn Immobilien im Spiel sind.
- Warum zerbrechen selbst gut funktionierende Familien, sobald es um das Elternhaus und den Nachlass geht?
- Wie haben sich die Rahmenbedingungen rund ums Erben in den letzten Jahrzehnten verändert?
- Warum ist das Thema in Deutschland nach wie vor ein großes Tabu?
Dr. Flothow teilt Einblicke aus 25 Jahren Praxiserfahrung, zeigt, welche psychologischen Mechanismen hinter Erbstreitigkeiten stehen, und gibt wertvolle Tipps für Betroffene, Angehörige und Arbeitgeber.
Eine spannende Episode voller praktischer Beispiele und Denkanstöße, die uns alle angehen – ob als Erblasser, Erbe oder einfach als Teil unserer Gesellschaft.
Viel Spaß beim Zuhören!
Danke lieber Gerhart für die tollen Einblicke
Kontakt: https://immobilienkonflikte.de
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Impressum
Transcript
Seid ihr euch noch einig oder habt ihr schon geteilt? Ich
Speaker:habe mir heute die Kapazität im
Speaker:Immobilienmediationen aus Mainz hier in den Podcast
Speaker:eingeladen. Dr. Gerhard Lodow.
Speaker:Lieber Gerhard, ganz herzlich willkommen. Herzlichen Dank.
Speaker:Wie ist das? Warum reicht der Tod 1 Elternteils
Speaker:aus, aus einem gut funktionierenden Mitarbeiter
Speaker:einen innerlich produktierten Menschen zu machen? Nur Wegen
Speaker:1 Einfamilienhauses? Naja,
Speaker:was heißt nur wegen 1 Einfamilienhauses? Im
Speaker:Eigentum zu wohnen ist für die meisten Menschen immer noch der
Speaker:Traum. Und wir sind heute in 1 neuen Situation. Wir sind in der
Speaker:Situation, dass die normal verdienenden Arbeitnehmer,
Speaker:Helmut Schmidt hat mal gesagt, jeder Meister soll sich ein Einfamilienhaus
Speaker:leisten können, zugegebenermaßen ein Reihenhaus. Aber
Speaker:das ist heute eben nicht mehr der Fall. Und das heißt, in dem Moment, wo
Speaker:ein Elternteil stirbt, beginnt die Diskussion. Was passiert
Speaker:mit dem Haus? Soll die Mutter oder der Vater, je
Speaker:nachdem wer verblieben ist, tatsächlich auf 150 Quadratmeter
Speaker:alleine wohnen, während ich zum Beispiel mit meinen Kindern
Speaker:in 1 Mietwohnung wohne, von dem eigenen Garten, den ich
Speaker:als Kind hatte, nur träumen kann. Das sind
Speaker:Emotionen. Und die Tatsache, und das darf
Speaker:man sich bewusst machen, dass man selber,
Speaker:obwohl beide arbeiten und man üblicherweise bessere
Speaker:Berufsausbildung hat als seine Eltern, trotzdem das
Speaker:Lebensstandardsniveau nicht halten kann, was man hatte, führt
Speaker:natürlich zu Konflikten. Das
Speaker:heißt also, wenn ich das jetzt richtig auch gehört habe,
Speaker:wenn ein Haus zu beerben ist, möglicherweise
Speaker:2 oder 3 Erbende oder Kinder
Speaker:da sind, ich muss zum Zug kommen, sonst kriege ich in
Speaker:diesem Leben kein Haus mehr. Genau, also wenn ein
Speaker:Haus, und das ist ja ganz schnell passiert, 3, 4,
Speaker:500000 Euro wert ist, wer ist denn wirklich in der
Speaker:Lage, mit normalen Erwerbseinkommen, 500.000
Speaker:Euro abzubezahlen, das sind die Allerwenigsten. Und wenn dann
Speaker:noch, und den Fall soll es geben, es Störungen
Speaker:gibt, Störungen sind Scheidungen,
Speaker:unerwartete Krankheiten, Arbeitsplatzverluste,
Speaker:All das ist nur im Erbfall möglich, dass man
Speaker:trotz Arbeitsplatzverlust, trotz Trennung, trotz zur Immobilieneingentum
Speaker:kommen kann. Und das verschärft die Diskussion.
Speaker:Alternativ muss man Jürgen Klopp heißen. Das geht auch.
Speaker:Du kommst ja aus Mainz, du kennst dich ja besser als ich. Mag
Speaker:sein, aber die Frage ist, ich will es so überspitzen.
Speaker:Weil es ist nicht so, dass es nur ein paar nicht können,
Speaker:sondern auch die, die in Deutschland Spitzensteuersatz zahlen, die
Speaker:angeblich sehr, sehr gut verdienen und ja im Verhältnis
Speaker:zu gering bezahlten Tätigkeiten es auch tatsächlich tun, aber die haben
Speaker:nicht freie Auswahl in den wilden Gebieten der schönen Städte
Speaker:dieser Bundesrepublik Deutschland. Haben keine freie Auswahl
Speaker:dort. Und das muss man einfach mal auf den Punkt bringen und
Speaker:deshalb hat das Thema eine neue Dramatik bekommen.
Speaker:Letztlich sind es 3 Punkte, die das Thema
Speaker:Erben in eine neue Dimension gebracht haben. Der erste
Speaker:Punkt ist die enorm gesteigerte Lebenserwartung.
Speaker:Es hat niemand, als es die Erbgesetze 1900
Speaker:im Bürgerlichen Gesetzbuch veröffentlicht wurden, hat man in der
Speaker:Zeitung gestanden, wenn man 80 wurde. Ich selber
Speaker:war bei 1 Beerdigung, der Oma meiner Frau, die war
Speaker:106. Da standen die Kinder am
Speaker:Grab und man war sich nicht sicher, ob die den Tag noch
Speaker:überleben, weil es alte Menschen waren. 84
Speaker:alte Menschen. Das ist in den Erbvorstellungen überhaupt nicht vorgesehen.
Speaker:Der zweite Punkt ist, Immobilienvermögen schlägt Erwerbseinkommen.
Speaker:Und das ist der Gamechanger, den uns aber niemand mitgeteilt
Speaker:hat. Es hat uns niemand gesagt, für die nächste
Speaker:Generation ist es wichtiger, wann sie zum ersten Mal beim Notar sind,
Speaker:als die Frage, welchen Doktortitel sie machen.
Speaker:Und Das ist natürlich auch eine völlige Veränderung. Und der dritte
Speaker:Punkt ist tatsächlich, dass wir andere Familienkonstellationen
Speaker:haben. Zweite Hochzeit, Kind aus erster Ehe, Kind aus zweiter
Speaker:Ehe. Die Scheidungsquote lag 1900,
Speaker:also der Zeitpunkt zu dem das veröffentlicht worden ist oder gesetzt wurde,
Speaker:bei 1, 5 Prozent. Heute liegt sie zwischen 30 und
Speaker:50. Das ist eine völlig andere Welt. Wir haben eine
Speaker:Gesellschaft, die mit dem Gesellschaftsmodell, das diesen
Speaker:Gesetzen zugrunde liegt, keinen Kontakt hat.
Speaker:Das heißt also, da muss auch gesellschaftlich uns der Gesetzgeber,
Speaker:ich sag mal, darüber nachdenken, wie gehe ich damit
Speaker:Bis hin zu der Frage, ist möglicherweise dann auch Erben
Speaker:ungerecht? Naja, es gibt ja im
Speaker:Moment den einen oder anderen Bestseller, der genau dieses Thema
Speaker:diskutiert. Bis hin zu der politischen Forderung, dass
Speaker:man so die Erbschaftssteuer erhöhen sollte, dass alle
Speaker:Bürger ein sogenanntes Pflichterbe bekommen in Höhe
Speaker:von 60, 70, 80.000 Euro. Das ist eine Diskussion, die
Speaker:man sich vor 10 Jahren nicht hätte vorstellen können.
Speaker:Aber es ist unabhängig, wo man steht. Und
Speaker:natürlich sind auch viele Vermögen in Familienunternehmen, wo die
Speaker:gar nicht realistisch aufzulösen sind. Aber
Speaker:dass die einen mit Summen starten, die die
Speaker:anderen in ihrem Leben nie erwirtschaften können, dass das
Speaker:zu gesellschaftlichen Konflikten führt, ist offensichtlich.
Speaker:Das ist offensichtlich. Und da wird auch die Diskussion
Speaker:nicht aufhören. Denn
Speaker:die Tatsache, dass es tatsächlich die Frage, wer
Speaker:mein Vater ist, wichtige
Speaker:Weichen in meinem Leben stellt, Das war zwar schon immer
Speaker:so, aber nicht in dieser ökonomischen Dimension.
Speaker:Und ich darf bei der Gelegenheit auch mal eine
Speaker:bewusste, provokative These in den
Speaker:Raum stellen. Weil man ja immer sagt, die
Speaker:Eltern haben es ja auch erarbeitet. Ich
Speaker:frage immer meine Mutter, die irgendwo ein Haus hat, mit
Speaker:irgendeinem schönen Grundstück, was heute deutlich mehr wert ist,
Speaker:als es damals wert war, als meine Eltern es gekauft haben. Was
Speaker:konkret habt ihr an diesem Wertzuwachs
Speaker:gearbeitet? Ihr habt da gewohnt und eine schöne Zeit
Speaker:gehabt, aber gearbeitet kann ich jetzt nicht feststellen.
Speaker:Und das führt zu Konflikten, ist ja vorprogrammiert.
Speaker:Du bist jetzt seit über 25 Jahren Mediator,
Speaker:Wirtschaftsmediator und ich vermute mal, da hast du schon
Speaker:einiges gesehen und mich sozusagen in einige Abgründe geguckt.
Speaker:Absolut. Warum sind gerade Immobilien
Speaker:so konfliktanfällig? Wir haben 4 Punkte.
Speaker:Der erste Punkt ist, wir haben eine enorme Wertsteigerung der
Speaker:Immobilien in den letzten Jahrzehnten, die sich auf Basis
Speaker:von Erwerbseinkommen im Fall von Erbe oder Scheidung nicht
Speaker:ausgleichen lässt. Gleichzeitig,
Speaker:und das ist das Absurde, führt es nicht zur
Speaker:Liquidität. Also ich habe Kunden
Speaker:gehabt, die mehrere Immobilien hatten
Speaker:und keine 50 Euro aus dem Geldautomaten bekommen
Speaker:haben. Völlig absurd.
Speaker:Aber der enorme Wertzuwachs führt nicht
Speaker:automatisch zur Liquidität. Und der dritte Punkt ist,
Speaker:der Wertzuwachs basiert allen voran auf dem Wertzuwachs
Speaker:der Grundstücke. Und das heißt,
Speaker:es kann die Situation kommen, dass ich selbst im
Speaker:Falle des Erbes mir mein eigenes Elternhaus
Speaker:nicht leisten kann, weil ich einerseits Geschwister auszahlen
Speaker:muss aufgrund des hohen Wertes Grundstückes und gleichzeitig
Speaker:Sanierung durchführen muss und im blödesten Fall auch noch Steuern
Speaker:zahlen darf. Da kann man sich
Speaker:doch die Kugel geben, oder? Dann kann man sich die Kugel geben. Und
Speaker:wenn man dann sagt, es gibt doch die Elternhausregel, du musst ja
Speaker:dann dort halt nur für immer wohnen, also in Klammern 10 Jahre.
Speaker:Aber wenn ich mich 2 Jahre nach dem Erbfall in eine neue
Speaker:Frau in Hamburg verliebe, dann kommt die finanzielle
Speaker:Katastrophe auf mich zu. Und auch das muss man sich
Speaker:mal klar machen, was das dann bedeutet. Und zu
Speaker:sagen, das Elternhaus, was aus 1 anderen
Speaker:Zeit kommt, was eine andere Nutzungsidee hatte,
Speaker:weil noch so gut können die Architekte 1965, 1975
Speaker:gewesen sein, Aber wie wir heute wohnen, haben die nicht
Speaker:vorausgeahnt. Das heißt, ich fange das
Speaker:neben der Sanierung im energetischen Sinne natürlich auch noch
Speaker:an, ein Gebäude so zu gestalten, wie man es heute haben möchte.
Speaker:Das ist innerhalb der Varianten immer die teuerste.
Speaker:Und das überfordert viele und deshalb kommt es zu diesen enormen
Speaker:Konflikten. Ich habe einen Fall.
Speaker:Es waren tatsächlich 9 Geschwister. Und da
Speaker:haben das Elternhaus, ein Mehrfamilienhaus, 2 der Kinder bekommen,
Speaker:weil die Eltern der Auffassung waren, dass die anderen schon
Speaker:durch Veraberbe ihren Pflichtteil bekommen.
Speaker:Die anderen haben das aber nicht gewusst oder man hat sie nicht genau
Speaker:gesagt, dass das so sei. Sie haben es aus dem Testament erfahren.
Speaker:Sie klagen gegen die 2 auf Pflichtheitsverletzung,
Speaker:bekommen nach 8 Jahren Unrecht und die
Speaker:beiden Schwestern, die sich bisher einig waren, fangen sich jetzt an zu
Speaker:streiten, weil der gemeinsame Feind fehlt. Oh,
Speaker:dann bist du dickart. Und das zeigt die
Speaker:Dimension. Dieses von den Eltern
Speaker:gesehen werden, nicht zu kurz kommen.
Speaker:Ich bin auch wer. Es löst sich alles beim Thema
Speaker:Erbe auf. Ausgleich für unglückliche Kindheit.
Speaker:Und diese ganzen Themen gehen alle auf. Und wenn man
Speaker:dann die Botschaft noch aus dem Testament erfährt,
Speaker:1 meiner wichtigsten Sätze ist, Den
Speaker:Willen, des letzten Willen kann man nur lebend
Speaker:erklären. Es kann
Speaker:Gründe geben, warum ein Kind, was sich mit dem Leben
Speaker:schwerer tut, mehr bekommt als Kinder, die
Speaker:sich leichter tun. Wenn man es lebend erklärt,
Speaker:werden die Kinder, die sich leichter tun, sagen, klar, für
Speaker:meinen Bruder soll gesorgt sein. Wenn sie es aber aus dem Testament
Speaker:erfahren, werden sie den Rest ihres Lebens darüber nachdenken
Speaker:dürfen, ob das die Strafe für ihre besondere Leistungsfähigkeit
Speaker:ist oder warum auch immer man sich das ausgedacht hat. Wir
Speaker:Menschen neigen dazu, die Dinge als gegen uns gerichtet
Speaker:zu empfinden. Insofern ist die Verschwörungstheorie bei diesem
Speaker:Beispiel sicher.
Speaker:Und wenn ich jetzt überlege, die meisten deiner
Speaker:Kunden werden ja sicherlich irgendwo auch noch im Arbeitskontext
Speaker:stehen und in dem Moment, wo ich so eine Situation habe,
Speaker:dann bin ich erst mal blockiert, oder? Ja, natürlich bin ich
Speaker:blockiert, weil ich ja... Also was bei
Speaker:dem Thema Erbe immer unterschätzt wird, es ist komplex,
Speaker:es ist kein triviales Thema, Weil man
Speaker:einerseits die Bedürfnisse hat, dann das Gesehenwillen, die
Speaker:Kindheit aufarbeitet. Und natürlich dreht sich bei diesen
Speaker:Menschen rund die Uhr
Speaker:alles diese Erbsituation. Ich bin sicher,
Speaker:in den Härtefällen wird dir auch jeder Arzt krank
Speaker:schreiben. Ja. Weil die wirklich nur noch
Speaker:darum drehen, warum hat mein Vater das so gemacht?
Speaker:Also bis in den Schlechtverfahren geht es dann eigentlich noch ums Geld?
Speaker:Nein, es geht nie ums Geld.
Speaker:Also, in 9 von 10 Fällen
Speaker:sind die Anlässe, warum ich
Speaker:angerufen werde, nach dem ersten
Speaker:Gespräch nicht mehr Konfliktgegenstand.
Speaker:Es geht immer
Speaker:das Bedienen der Bedürfnisse.
Speaker:Bedürfnisse und Lebenssituationen sind der entscheidende
Speaker:Punkt. Und wenn man das nicht beachtet und beide
Speaker:spielt im Recht überhaupt keine Rolle.
Speaker:Es ist halt ein Unterschied, wenn jemand mit 84 erbt,
Speaker:wie in dem Fall, den ich vorhin geschildert habe, und gesundheitlich
Speaker:sich nicht mehr auf den eigenen Füßen halten kann. Was hat der vom
Speaker:Erbe? Nichts. Der ist durch Zeitablauf
Speaker:enterbt und deshalb ist es mir immer wichtig,
Speaker:die Bedürfnisse und Lebenssituation der Menschen ernst zu denken.
Speaker:Weil sonst endet es mit Sicherheit im Rosenkrieg
Speaker:oder im Familienkrieg. Ja klar und dass da alle,
Speaker:wie in den berühmten Filmen, dann über den Lüster
Speaker:sich aus dem Schuss die Hand nicht geben, das muss es dann doch nicht
Speaker:sein. Nein, und es ist ja tatsächlich, was kann es
Speaker:denn Schlimmeres geben, als wenn mein Lebenswerk,
Speaker:meine erfolgreiche Lebensleistung, dem Familienfrieden
Speaker:meiner Familie im Weg steht. Es ist doch ein
Speaker:Horrorszenario.
Speaker:Wobei dann ist die Frage, warum habe ich es vorher nicht
Speaker:gelöst? Was war das größere Horrorszenario, was ich vermeiden
Speaker:wollte? Weil das Thema Erbe
Speaker:in Deutschland ein Tabuthema ist. Man
Speaker:darf nicht über Geld sprechen, man darf auch nicht über das Erbe
Speaker:sprechen, sondern man wartet ab, bis es
Speaker:soweit ist. Das ist bei der Lebenserwartung,
Speaker:wo diese ganzen Gedanken herkommen, von 80. Da wird jeder
Speaker:normale Mensch sagen, naja, jetzt ist der Vater
Speaker:gestorben und die Mutter wird in 2, 3 Jahren aufsterben, da können die
Speaker:Ärmel sich doch so lange noch mal zurückhalten. Ja, klar.
Speaker:Zumal die Mutter damals ja nicht abgesichert war.
Speaker:Im Durchschnitt 1900 6 Kinder.
Speaker:Also musste man sie absichern. Absolut richtig. Aber
Speaker:man darf doch heute auf die Situation gucken, wie ist denn heute die
Speaker:Situation. Und jetzt ist ja das
Speaker:häufigste Testament in Westdeutschland, ist das Berliner
Speaker:Testament. Du kennst das bestimmt auch. Ja, ja.
Speaker:Genau vor dem Hintergrund, wenn der Vater stirbt im
Speaker:Regelfall, soll die Mutter die wenigen Jahre, die sie noch hat,
Speaker:versorgt sein. Da wird wohl
Speaker:jeder sagen, richtig so. Die Frau hat 6 Kinder großgezogen und
Speaker:soll dann im Alter bitte ordentlich versorgt sein. Dann war sofort
Speaker:Konsens. Und jetzt machen wir mal folgenden Fall.
Speaker:Ein Mann heiratet eine Frau und hat ein Kind.
Speaker:Das Kind ist aus dem Jahrgang 1967.
Speaker:Ein Sohn. Der Vater heiratet ein zweites
Speaker:Mal eine Frau aus dem Jahrgang
Speaker:1967. Was bedeutet das für
Speaker:das Berliner Testament? Der Sohn ist im ersten
Speaker:Erbfall draußen, weil die Frau erbt und er ist
Speaker:im zweiten Erbfall möglicherweise auch draußen, weil die Frau eine
Speaker:höhere Lebenserwartung hat als er. Dasselbe
Speaker:Testament führt bei dieser anderen Situation zur faktischen Enterbung.
Speaker:Und deshalb darf man die heutige Lebenssituation einfach ernst
Speaker:nehmen. Das ist eine völlig andere Situation.
Speaker:Wenn dann noch der Fall eintritt, dass die
Speaker:Frau selber beruflich erfolgreich ist und gar
Speaker:keine Absicherung braucht, aber man das Testament vor
Speaker:15 Jahren gemacht hat, wo das noch anders war,
Speaker:dann ist der Familienkrieg sicher.
Speaker:Wer kommt eigentlich auf dich zu? Kommt eine der beiden
Speaker:Streitparteien auf dich zu? Oder, ich weiß
Speaker:jetzt, du bist ja zum Beispiel dem liberalen Wirtschaftsforum
Speaker:in Mainz Vorsitz. Und ich vermute mal, da sind einige Unternehmer
Speaker:da, die dann sagen, ich kenne den Gerhard, rufe ihn doch
Speaker:mal an. Also
Speaker:ich trenne diese Tätigkeiten vollständig. Ich habe aus dieser Ecke noch
Speaker:kein einziges Mandat, Aber ich werde
Speaker:tatsächlich bundesweit gebucht. Warum? Weil es
Speaker:2 Situationen oder 3 Situationen gibt. Die eine Situation ist
Speaker:tatsächlich, dass ich von der Bank empfohlen werde, weil
Speaker:es große Vermögen gibt und da Anschlussfinanzierungen anstehen
Speaker:und wenn die sich total zerstreiten, dann gibt es ein echtes Problem.
Speaker:Und ich sage mal so, da verdient die Bank dann auch kein Geld mehr.
Speaker:Also haben die auch ein Interesse. Deshalb werde ich auch
Speaker:zum Thema Tabu, Thema Erbe als Redner auch bundesweit von
Speaker:Banken gebucht. Das ist eine sichere Ecke.
Speaker:Das zweite Ecke ist, ich habe eine Vielzahl von Zeitungsartikeln
Speaker:in den bekannten Medien, ich nenne sie jetzt hier
Speaker:nicht, aber die Menschen legen sich dieser Artikel zur Seite
Speaker:und rufen dann an, wenn der Fall eintritt. Also
Speaker:konkret, das was ich am krassesten fand, war,
Speaker:wir haben heute Morgen unsere Oma beerdigt und jetzt brauchen wir sie.
Speaker:Obwohl ich denken würde, man kann ja noch mal bis zum Wochenende warten.
Speaker:Also ich kriege jetzt mal die alte Funktion des
Speaker:Gemeindepfarrers. Da wurde größtenteils
Speaker:die Oma schon geteilt, da war sie noch nicht
Speaker:kalt. Ja, absolut, absolut. Also das ist
Speaker:ein Thema und das, was ich mache, hat ja auch eine Schnittstelle zum
Speaker:Pfarrer. Das haben früher Pfarrer gemacht.
Speaker:Heute haben wir natürlich auch Situationen, wo das Vermögen so
Speaker:komplex ist, dass man einfach auch auch genomisch eine gewisse Kompetenz haben
Speaker:muss. Ja, ganz klar. Aber natürlich haben das früher
Speaker:viele Pfarrer gemacht und wenn der Pfarrer früher gesagt
Speaker:hat, das und das ist gerecht, dann konnten die Menschen damit Frieden
Speaker:schließen. Und das ist ja das Allerwichtigste bei
Speaker:den ganzen Konflikten. Ich sage das immer wieder
Speaker:provokativ. Lass es uns auswürfeln,
Speaker:aber dann kannst du heute Abend damit Frieden schließen.
Speaker:Von keinem Würfel der Welt erwartet man, dass er gerecht ist.
Speaker:Aber eine Entscheidung, die so einigermaßen gerecht
Speaker:ist, ist besser, als keine Entscheidung und jahrelanger
Speaker:Streit.
Speaker:Üblicherweise einigen sich Konfliktparteien
Speaker:schnell, wenn man sagt, wir können es auch auswürfeln.
Speaker:Das ist eine reale Drohkulisse.
Speaker:Wobei, wie reagieren
Speaker:dann in dem Moment die Parteien? Gibt es da erstmal ein Lächeln
Speaker:oder ein Schockzustand? Oder...
Speaker:Naja, also bei mir kommen ja die Parteien erst dann,
Speaker:wenn sie hinreichend Schmerzen haben.
Speaker:Also wenn der Konflikt die Familie belastet. Also wenn die
Speaker:Menschen nicht mehr schlafen können. Und
Speaker:dann kommen üblicherweise die Frauen.
Speaker:Weil Familienfrieden ist in meiner Wahrnehmung ein sehr
Speaker:stark weiblich besetztes Thema. Und wenn
Speaker:die lange genug nicht mehr schlafen können und man sagt,
Speaker:wir können es auch auswürfeln. Da gibt es schon ein paar Techniken, wie
Speaker:man dann extreme Ereignisse vermeiden kann. Also dass nicht 1 alles
Speaker:kriegt, ist auch klar. Aber in dem Moment
Speaker:ist für Menschen, die 2, 3,
Speaker:4 Jahre keine Lösung für möglich
Speaker:gehalten haben, urplötzlich eine Lösung
Speaker:denkbar, greifbar, möglich.
Speaker:Da tut sich ein neues Schauspiel auf.
Speaker:Die Bühne hatten sie ja gar nicht als Erwartungshaltung.
Speaker:Und zu sagen, wir haben das heute gelöst.
Speaker:Heute.
Speaker:Und dann denken beide noch mal ein bisschen nach, wo sind denn wirklich die
Speaker:Linien.
Speaker:Und ich habe da tatsächlich ein Format
Speaker:entwickelt, wo ich Menschen das anbiete, das
Speaker:nach ein paar Vorgesprächen, dazu sage ich
Speaker:gleich auch noch mal was, also ich führe viele Vorgespräche mit den
Speaker:Parteien einzeln im Wald,
Speaker:zu hören, was sie wirklich bewegt. Weil es macht keinen
Speaker:Sinn, wenn es nicht den Konfliktgegenstand geht, sondern was anderes.
Speaker:Das ist so, als wenn ich das Ohr operiere, aber in Wahrheit der
Speaker:Fuß kaputt ist. Ich muss schon wissen, was kaputt ist.
Speaker:Und wenn ich das weiß, dann
Speaker:gebe ich irgendwann das Signal, dass ich anbiete, dass wir
Speaker:uns einen Tag zusammensetzen. Beide Parteien
Speaker:bitte alle offenen Fragen und wir stehen nicht auf,
Speaker:bevor wir uns geeinigt haben. Und notfalls
Speaker:würfeln wir es aus. Und dieses
Speaker:Format ist übrigens für den Mediator extrem
Speaker:anstrengend, wird
Speaker:aber gerne gebucht, weil die Leute, die
Speaker:Menschen das erste Mal wieder die Hoffnung
Speaker:bekommen, dass der Konflikt aufhört.
Speaker:Und wenn du seit 2, 3, 4 Jahren nicht schlafen kannst,
Speaker:dann ist die Frage, was du
Speaker:real abbekommst, zweitrangig.
Speaker:Und da den Menschen eine Brücke zu bauen und zu sagen...
Speaker:Vielleicht darf ich noch mal einen Satz zum Thema Mediator sagen,
Speaker:weil das viele falsch einschätzen. Glaubst du, dass ein Mediator
Speaker:neutral ist oder allparteilich? Er muss allparteilich
Speaker:sein. Neutral gibt es nicht. Genau. Das ist ein wichtiger
Speaker:Punkt. Wenn eine Konfliktpartei die andere Konfliktpartei
Speaker:beleidigt, guckt der Mediator nicht neutral
Speaker:zu, sondern sagt, wir haben uns auf Spielregeln geeinigt. Wir
Speaker:beleidigen uns nicht. Und das ist eine ganz wichtige Eigenschaft, weil wenn
Speaker:beide Konfliktparteien wissen, dass der Mediator allparteilich
Speaker:ist, hört das Kämpfen auf. Weil man muss nicht
Speaker:mehr kämpfen, gesehen zu werden. Und das ist der
Speaker:große Vorteil 1 Pfarrers, der ja auch allparteilich ist,
Speaker:oder 1 Mediators, dass man nicht darum kämpfen
Speaker:muss, gesehen zu werden. Und das ist ganz wichtig.
Speaker:Ich würde gerne nochmal in die Schlussrichtung
Speaker:gehen und einfach nochmal in den Blick auf die Firmen fragen,
Speaker:welche Verantwortung tragen eigentlich Unternehmen, wenn
Speaker:ein Erbkonflikt bei einem Mitarbeiter eskaliert
Speaker:und was können die möglicherweise auch konkret tun, bevor die
Speaker:Situation den Mitarbeiter krank macht oder eben halt der Mitarbeiter
Speaker:sagt, ich kann nicht mehr, ich kündige.
Speaker:Das erste, was man beim ganzen Thema Erbe tun darf,
Speaker:ist das Thema ernst zu nehmen, weil es ist kein triviales
Speaker:Thema. Und zu glauben, dass es trivial ist,
Speaker:ist der sichere Weg in den Untergang. Es ist
Speaker:nicht trivial. Es ist nicht trivial, sein Erbe so zu
Speaker:regeln, dass der übrigbleibende Elternteil
Speaker:wirklich ausreichend versorgt ist für die Pflege. Und
Speaker:ich sage noch mal die Zahl 106. Das kommt vor.
Speaker:Das bedeutet aber auch andere Finanzbedarfe. Und das zweite
Speaker:gleichzeitig das Erbe so zu regeln, dass die Menschen sich nicht
Speaker:breiten. Insofern sollte ein Arbeitgeber es ernst nehmen.
Speaker:Das zweite Thema aus meiner Sicht, er sollte realistisch
Speaker:einschätzen, dass das ein Thema ist, was ihn
Speaker:ohne externe Kompetenz in aller Regel überfordern
Speaker:wird. Und die schlauen
Speaker:Menschen holen sich Hilfe,
Speaker:wenn sie mit dem Thema überfordert sind. Ich bohre mir nicht selbst in
Speaker:meinen Zähnen, sondern ich lasse das von einem Profi machen. Am
Speaker:liebsten natürlich gar nicht. Aber es gibt Themen, die
Speaker:sind eben nicht trivial. Und wenn ein Mitarbeiter mit diesem Thema
Speaker:befasst ist, hat er einen enormen Druck, ihn
Speaker:damit alleine zu lassen, ist im Weg in die sichere innere
Speaker:Kündigung oder in die tatsächliche Kündigung.
Speaker:Und dann gibt es Menschen wie dich, die an dieser Stelle
Speaker:das Tor aufmachen können, die Mitarbeiter
Speaker:unterstützen können und dementsprechend gewinnen
Speaker:alle. Das ist das Problem der Mitarbeiter,
Speaker:auch die, ich sage mal, andere Partei.
Speaker:Und ja, es kommt zu 1 in gutem Sinne Lösung.
Speaker:Vor allem man darf sich nur mal eine Sekunde vorstellen wie das
Speaker:Mitarbeiterverhältnis zu diesem Betrieb nach diesem Konflikt,
Speaker:wenn er denn wirklich einvernehmlich nachhaltig
Speaker:gelöst sein wird. Der kündigt nie wieder.
Speaker:Dem kann jeder anbieten. Bei uns kriegst du 500 Euro mehr im Monat.
Speaker:Das wird den nicht interessieren. Weil ein Arbeitgeber,
Speaker:der seinen Mitarbeiter zeigt, in dem Moment, wo du
Speaker:ein Thema hast, bist du ja immer noch willkommen.
Speaker:Wir Menschen haben in meiner Welt zu denken
Speaker:im Wesentlichen 2 Triebfedern. Anerkennung und
Speaker:Wertschätzung. Und wenn man das real
Speaker:lebt, hat man ein anderes Leben.
Speaker:Beim Thema Trauer ist es genauso. Und ich sage mal ganz, ganz
Speaker:herzlichen Dank. Gerne. Liebe
Speaker:Hörerinnen und Hörer, wenn ihr Fragen an uns habt,
Speaker:das eine ist, die Internetadresse
Speaker:von Dr. Gerhard Flotto gebe ich gerne unten in die Show
Speaker:Notes. Wer jetzt an der Stelle nicht mitschreiben kann,
Speaker:der kann sich aber vielleicht merken, podcast.trauer-manager.de
Speaker:schreibt uns gerne. Ich leite gerne die Fragen weiter
Speaker:Und dann hoffen wir mal auf sehr gute
Speaker:Weitergaben, beispielsweise von Immobilien. Und wenn es
Speaker:wirklich zum Streit kommt, dann wisst ihr, wo ihr euch hinmünden
Speaker:könnt. Lieber Gerhard, ganz herzlichen Dank für
Speaker:deine Offenheit, für deine Antworten, für deine Perspektiven.
Speaker:Gerne.