Die Trauer beginnt mit der bösen Diagnose - Alexej Lachmann im Gespräch
Trauer beginnt mit der bösen Diagnose
Alexej Lachmann, Glasermeister und Witwer, zu Gast im Podcast des Trauermanagers bei Stefan Hund
Mehr Info: Trauermanager.de
Takeaways:
- Trauer beginnt nicht nur nach dem Verlust, sondern bereits mit der Diagnose einer Erkrankung. Hinweis: Sabine Dinkel verstarb an Eierstockkrebs, sie war übrigens mein Gast in einem früheren anderen Podcast.
- Offene Kommunikation über Krankheit und Trauer fördert Verständnis und Unterstützung im Arbeitsumfeld.
- Die emotionale Achterbahnfahrt der Trauer erfordert Zeit und Raum zur Verarbeitung.
- Führungskräfte sollten Mitgefühl zeigen und Mitarbeiter in Krisensituationen aktiv unterstützen.
- Offenheit und Humor können während der Trauerzeit helfen, das Leben weiterhin zu gestalten.
- Die richtige Unterstützung für Angehörige zu finden, kann den Trauerprozess erheblich erleichtern.
Dankeschön
Kontakt zu Alexej Lachmann - https://www.witwer-und-nun.de
Aufnahme: Juli 24, Sendung 11.11.24
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Wir sprechen über Themen rund um Trauer. Für Unternehmer, Führungskräfte und Betriebsräte.
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Mentioned in this episode:
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Transcript
Trauer ab Diagnose
Speaker:oder Offenheit zählt.
Speaker:Darum geht es heute. Das schwere leicht gesagt
Speaker:eine neue Episode. Und Liebe Hörerinnen
Speaker:und Hörer, ich begrüße euch ganz, ganz herzlich.
Speaker:Und ich habe auch heute mir einen
Speaker:Spezialisten, einen Fachmann eingeladen, einen
Speaker:Handwerker, der das auch wirklich, ja, handwerklich auch mal
Speaker:angeht, das ganze Thema. Lieber Alexej Lachmann,
Speaker:herzlich willkommen im Podcast. Ja, hallihallo. Freut mich, hier sein zu
Speaker:dürfen. Du bist von Hause aus Glasermeister.
Speaker:Mhm. Du hast ein kleines Unternehmen oben im Norden.
Speaker:Mhm. Und du hast diese ganze
Speaker:Situation mit Diagnose bis hin
Speaker:zum bitteren Ende selbst erlebt. Deine
Speaker:Frau Sabine Dinkel habe
Speaker:ich noch erleben dürfen. Ich hatte sie vor sechs Jahren bei mir im Podcast.
Speaker:Und so ist auch die Verbindung jetzt zu dir gekommen. Und
Speaker:du hast für dich einfach auch die ganzen Sachen durchgearbeitet.
Speaker:Und kannst da einerseits den Trauernden eine
Speaker:hilfliche Stellung geben, aber noch viel mehr den Führungskräften und
Speaker:den Unternehmern, dass die wirklich auch gut handeln
Speaker:können, denn sonst ist die Gefahr groß, dass die Mitarbeiter entweder still oder
Speaker:laut kündigen.
Speaker:Wie war das für dich damals? Wie
Speaker:bist du da hingekommen? Na ja, hingekommen
Speaker:ist gut. Ich wurde ja reingeschubst. Die Diagnose von Biene hatten wir uns ja
Speaker:nicht ausgesucht. Und das war damals, würde ich mal
Speaker:sagen, entsetzlich. So, und genau das war der
Speaker:Punkt. Wir haben
Speaker:relativ früh versucht, damit offen umzugehen.
Speaker:Also es war natürlich die Diskussion, kann ich das meinen Kunden sagen? Auch jetzt Biene
Speaker:damals, die war ja auch unabhängiger Code. Und springen mir
Speaker:nicht die Kunden ab und so weiter und so fort. Aber es hat sich
Speaker:herausgestellt, sie hat sich dann entschieden, damit sehr offen umzugehen, also wirklich sehr
Speaker:offen. Und das hat sich als großer Pluspunkt herausgestellt für alle
Speaker:Beteiligten, also für Sie, für mich, für unser
Speaker:Umfeld, mit den normalen Verwerfungen, dass bei
Speaker:solchen Sachen, wenn Leute schwer krank werden oder ein Trauerfall, ein Todesfall
Speaker:eintritt, dass dann, wie man immer so salopp sagt, die Spreu sich vom Weizen
Speaker:trennt. Also manche Freunde jahrelang verschwinden, andere Leute
Speaker:kommen dichter, von denen man das eigentlich nicht erwartet hätte. So
Speaker:ich sag mal, so die ganze klassische Sache haben wir auch erlebt.
Speaker:Ja und so bin ich halt damals sehr stark als Angehöriger durch die Sache
Speaker:gegangen. Und für mich stand damals auch gleich fest, dass
Speaker:ich das auch in der Firma offen kommuniziere, weil
Speaker:es einfach die Sache vereinfacht. Wenn da der Chef oder vielleicht sonst
Speaker:noch ein Mitarbeiter irgendwie verändert, total verändert durch die Gegend
Speaker:stiefelt und keiner weiß, was los ist, dann blühen da die
Speaker:Fantasien und irgendwelche anderen Sachen. Es wird auf jeden Fall nicht darauf eingegangen, was
Speaker:los ist. Und so habe ich mich entschieden, das zu machen. Das war sehr gut.
Speaker:Ich habe da auch eine große Solidarität von meinen Mitarbeitern erfahren.
Speaker:Ja, und jetzt nicht nur, weil ich der Chef bin, sondern weil wir auch einen
Speaker:guten Umgang haben. Und ja, wenn man mal ein bisschen neben der
Speaker:Spur war, wurde da wohlwollend drüber weggeguckt. Allerdings gucke ich auch
Speaker:mal wohlwollend drüber weg, wenn einer von meinen Leuten oder
Speaker:so auch nicht gut drauf ist. Aber da können wir vielleicht noch drauf kommen, wie
Speaker:die Haltung da sein kann. Auf jeden Fall war es für uns wichtig, auch gerade
Speaker:bei so Sachen, wenn ich mal kurzfristig mit ihr zum Arzt musste, zur
Speaker:Chemo, MRT, CT, so die ganzen Gruseltermin, wo man nicht
Speaker:gerne alleine hinfährt. Genau, so bin ich da reingestolpert.
Speaker:Und als sie dann später gestorben ist, hatten wir uns auch
Speaker:darauf vorbereitet. Das war dann damals im
Speaker:Juli 2020, genau, also mitten im Corona.
Speaker:Wobei wir Glück hatten, Wir konnten dann die Beerdigung schon mit 55 Leuten machen, nicht
Speaker:nur mit 4 oder 5. Und viele Sachen, die wir uns
Speaker:vorher überlegt hatten, die ich machen könnte nach dem
Speaker:Tod von Biene, war dann einfach nicht möglich. Ist klar, wissen wir alle.
Speaker:Aber da habe ich mir andere Sachen zu ausgedacht. Und über den Weg bin ich
Speaker:dann auch dazu gekommen, eine Ausbildung als Traubegleiter zu machen.
Speaker:Das ist nach den Richtlinien auch zertifiziert vom Bundesverband für
Speaker:Trauer, Bundesverband Trauerarbeit, doch ja, stimmt.
Speaker:Und genau, das bin ich heute und damit bin ich unterwegs. Ja und
Speaker:das soweit erstmal, würde ich sagen. Oder?
Speaker:Ja gut, was ich ja auch von
Speaker:deiner Frau noch habe und damals auch sehr sehr gerne
Speaker:verteilt habe, Ihr seid ja auch wirklich mit Humor,
Speaker:mit dem, ich sage es jetzt mal deutlich, Eierstockkrebs
Speaker:umgegangen. Von ihrem Buch habe
Speaker:ich 10, 12, 15 Stücke gekauft. Nicht, weil ich
Speaker:jetzt alle synchron lesen wollte, sondern
Speaker:damals war ich noch als Klinikpfarrer unterwegs und
Speaker:ich habe den Patientinnen dieses Buch,
Speaker:ich sag einfach mal, für den Moment überreicht.
Speaker:Eine ganze Reihe hat es mitgenommen. Ich hoffe, auch gelesen.
Speaker:Aber die Art und Weise, wie Sie, wie ihr damit
Speaker:umgegangen seid, das ist ganz, ganz klar vorbildlich.
Speaker:Ganz klar. Ja, vielen Dank für die Blumen. War aber auch ein schwerer Weg. Ich
Speaker:sag mal, im Nachgang im Umstieg sieht ja immer alles besser aus, aber es stimmt
Speaker:tatsächlich. Der erste Satz nach der Diagnose, wo Biene, also nach der,
Speaker:nach dem Schock, und wir zu Hause in der Wohnung waren und sie wirklich einmal
Speaker:wie ein Wüterich durch die Wohnung gelaufen ist, schreiend und verzweifelt,
Speaker:habe ich ihr sogar angeboten, dass sie gerne Teller an die Wand werfen wollte. Das
Speaker:wollte sie dann doch nicht. Sie einmal innegehalten, hat mich angeguckt und
Speaker:gesagt, mein Humor kriegt den Arsch nicht. Damit war das eigentlich auch klar.
Speaker:Wir haben auch sonst sehr viel Humor und Spaß. Also wir sind jetzt nicht, Wir
Speaker:gehen nicht zum Lachen im Keller, Erdgeschoss langt.
Speaker:Aber das war der Ansatz. Und ja, wie sollen
Speaker:wir sagen, der Punkt ist für uns
Speaker:war klar, wir können jetzt die Sache einfach sagen und abwarten, bis
Speaker:es dann Schluss ist, oder wir können versuchen, das zu gestalten mit allen Möglichkeiten, auf
Speaker:der medizinischen Seite wie auch auf der psychischen oder auch einfach auf der lebensfrohen
Speaker:Seite und so hat sich das ergeben und durch diese Offenheit haben sich sehr viele
Speaker:Sachen ergeben, die einfach wunderbar waren. Da konnten wir Urlaub
Speaker:in Wiesers Gimmeldingen machen, das ist bei Neuhaus
Speaker:an der Weinstraße. Hatten, durften wir bei Freunden im
Speaker:güldenen Herbst da einen Urlaub machen, drei Wochen, das war ganz grandios
Speaker:und viele andere tausend Sachen, die man ohne die Offenheit und den
Speaker:Humor nicht für sich hätte haben können. Das gleiche ist eigentlich auch
Speaker:jetzt mit dem danach. Also für mich ist Trauerbegleitung jetzt auch nicht
Speaker:tief schwarz und dunkel, sondern es ist halt eine Phase, wo
Speaker:man leider durch muss. Also wie es so schön heißt mittlerweile, man wird da
Speaker:Mitglied in einem Club, wo man kein Mitglied sein will.
Speaker:Und ich mache nebenbei auch noch, was heißt nebenbei, ich mache
Speaker:zusammen mit ein paar mittlerweile Freunden auch
Speaker:im ARB, also es gibt einen Verein für Eierstockkrebserkrankungen,
Speaker:Da machen wir die Angehörigengruppe und ich mittlerweile auch eine kleine Trauergruppe,
Speaker:weil das einfach so geht. Und da hat sich auch jetzt für die Trauergruppe, weil
Speaker:wir den Namen dann noch ein bisschen zu trauerfanden,
Speaker:und wir es mittlerweile in Clubtreffen umbenannt. Und da geht auch so
Speaker:die Reise hin, würde ich sagen. Es ist halt ein Club, wo man durch muss
Speaker:und wo viele Phasen sind, wo man eigentlich, da kannst du nichts dran verändern.
Speaker:Tag darunter, ein Tag, eine Woche, eine Woche. Und genau, du kannst
Speaker:aber entwickeln und machen, wie du diese Woche und diesen Tag erlebst. Aber an der
Speaker:Zeit kannst du nichts ändern. Das berühmte Gras, an dem man nicht ziehen kann, nur
Speaker:damit es schneller wächst. Zwinker, Zwinker.
Speaker:Genau das. Dementsprechend zu
Speaker:manchen, die wir angetroffen haben,
Speaker:an Führungskräften, Die haben gesagt, mein Mitarbeiter
Speaker:sagte mir vor drei Wochen, ich muss zur Biopsie.
Speaker:Seitdem habe ich ihn nicht mehr gesehen. Aber ich wage immer,
Speaker:mich nicht ihn anzurufen. Denn
Speaker:Er könnte es ja so auffassen, dass ich ihn wieder an der Arbeit haben möchte.
Speaker:Was würdest du dieser Führungskraft sagen? Denn bei
Speaker:uns ist zwei, drei Mal ganz offen dann gesagt worden,
Speaker:Eigentlich ist es das Thema nicht, sondern mein Thema ist eigentlich, wenn ich
Speaker:dort anrufe, könnte ich selbst bekommen.
Speaker:Ja, das stimmt. Eine nicht übertragbare Krankheit wird immer dadurch übertragen,
Speaker:dass man jemanden fragt, ob er krank ist. Das ist so. Das ist ein altes
Speaker:Gesetz. Das ist schon bei den Römern so gewesen. Das weiß man
Speaker:ja. Nein, also ich kann jeden versichern, wenn man jemanden fragt, hast du Krebs
Speaker:oder eine andere Erkrankung, du wirst diese Erkrankung nicht kriegen. Und,
Speaker:Spoiler, selbst wenn du jemanden sagst, tut mir leid, dass du diesen Verlust
Speaker:jetzt erleiden musst, dass deine Frau, Tochter, Kind gestorben sind. Das
Speaker:heißt nicht, wenn man das macht, dass man automatisch sofort auch
Speaker:selber stirbt. Fakt ist allerdings, dass man irgendwann stirbt. Aber das hat nichts
Speaker:mit der Frage oder der Begründung zu tun. Na ja, und
Speaker:zurück zu dem, ob ich da anrufe oder nicht. Ich würde mich fragen,
Speaker:warum rufst du wirklich an? Also die Frage würde ich mir zuerst
Speaker:tatsächlich stellen. Also wenn ich mich hinsetze und sage, ich rufe jetzt an,
Speaker:weil ich habe jetzt hier die Quartalzahlen stehen an oder wir haben jetzt so ein
Speaker:großes Projekt am Laufen und da brauche ich diese Hand und da muss hin, kann
Speaker:ich mir überlegen, wie das ist. Also ist das das Einzige, was mich
Speaker:interessiert? Dann würde ich, weiß ich nicht, nochmal sehr schwer
Speaker:in mich gehen. Wenn ich aber tatsächlich auch ein persönliches Interesse daran habe, weil ich
Speaker:mit den Menschen jahrelang zusammengearbeitet habe, und persönlich schätze und ich mich in der Kantine
Speaker:auch mal neben denen setze und nicht auf einem anderen Tisch automatisch, also kurz und
Speaker:man versteht sich als Kollege oder Kollegin, dann würde ich anrufen und würde das sagen.
Speaker:Und ich würde dann auch tatsächlich kommunizieren, dass das jetzt gerade ambivalent ist, dass
Speaker:ich als Chef anrufe. Und dann würde ich sagen, Pass auf, ich rufe jetzt nicht
Speaker:an, weil wir dich in ein Projekt bauen, sondern weil ich in erster Linie das
Speaker:will. Wobei es auch stimmt, wir brauchen dich auch für das Projekt, aber das ist
Speaker:ein anderes Thema. Das kann man ja ganz offen reden. Und wenn das gesagt ist
Speaker:und jetzt der Gegenüber nicht vom Baum gefallen ist, dann
Speaker:wird das auch ankommen. Auf jeden Fall kommt dann, man kümmert sich mich und man
Speaker:interessiert sich für mein Schicksal. Und wenn jemand, der eine Sondersituation jetzt hat, wie
Speaker:eine Doof-Diagnose, der hat dann auch das Recht zu sagen, du,
Speaker:ich möchte da jetzt nicht drüber reden. Und wenn er dann ausfliegt, dann darfst du
Speaker:als Anrufer auch nicht sagen, was ein Arsch. Also darfst du natürlich sagen, aber der
Speaker:ist kein Arsch, sondern der kann das gerade nicht. Der ist mit seinem Horn da
Speaker:drinnen, bla bla bla, Krebs, bla bla bla, Krebs,
Speaker:bla bla bla, ich werde sterben. Das ist gerade so das Mindset.
Speaker:Und wenn man da reingritscht, ist es natürlich dann auch möglich, dass man vielleicht gerade
Speaker:nicht so einen fröhlichen Moment erwischt oder eine Aufnahme fiegt. Aber das liegt wirklich bei
Speaker:dir. Du musst dir vorher genau überlegen, was ist wirklich dein Anliegen. Und wenn du
Speaker:sagst, okay, ganz ernst, ich will den eigentlich, mir ist der im Grunde, geht der
Speaker:mir am Würzel vorbei und ich will den nur jetzt
Speaker:hier als Datenknecht haben oder was weiß ich, dann würde ich mir das
Speaker:vielleicht nochmal überlegen oder damit rechnen, dass der Kollege sagt,
Speaker:was ein Arsch ruft mich da an. Und das wiederum hat natürlich für
Speaker:später Konsequenzen, wenn die Leute sich dann womöglich in der Firma, in ihrer
Speaker:Sondersituation als Trauernder oder als ein Mensch mit
Speaker:Diagnose oder als Angehöriger oder Angehörige von einem Menschen mit einer
Speaker:Diagnose nicht gesehen fühlt oder aufgehoben fühlt, dann
Speaker:gibt es da halt entweder innere Immigration, Dienst nach Vorschrift
Speaker:Oder schlimmstenfalls sagen die Leute dann, ich gehe. Und wenn alle
Speaker:heutzutage immer, wir haben keine Fachkräfte, Leute
Speaker:halten, keine Ahnung. Wir wissen alle, die Leute kommen wegen der Arbeit
Speaker:und sie gehen wegen dem Chef. Das ist auch keine neue
Speaker:Weisheit. Es fällt ja so in die Kategorie Binsenweisheit und tausendmal
Speaker:gehört, ist aber leider trotzdem, wie so mancher Kalenderspruch, doch
Speaker:wahr. Ja. Was würdest du in diesem
Speaker:Moment der Führungskraft, wenn der wirklich sagt, Mensch, ich habe
Speaker:eigentlich nicht unbedingt wirklich ein Verhältnis zu meinem
Speaker:Mitarbeiter, aber irgendwie,
Speaker:Ich möchte mich trotzdem ihn kümmern. Würdest du dann sagen, oder ich
Speaker:möchte trotzdem wissen, wie es ihm geht, nicht nur, damit er morgen wieder
Speaker:hier an der Maschine steht. Genau. Würdest du das
Speaker:in irgendeiner Form deligieren oder wie würdest du in diesem Moment damit
Speaker:umgehen? Denn an der Stimme oder an der Energie
Speaker:von einem solchen Telefongespräch, da ist ja nichts gesagt und trotzdem
Speaker:alles da. Ja, also kann man natürlich, wenn
Speaker:man das nicht nur über die Stimme transportieren will, kann man ja sicher auch einen
Speaker:Zoom machen oder vielleicht Facetime oder was weiß ich.
Speaker:Ich würde da immer ganz authentisch bleiben. Also man kann ja auch sagen, tut mir
Speaker:leid, ich weiß Herr Müller oder so oder Frau Müller,
Speaker:wir sind jetzt nicht so dicke, aber ich mache mir trotzdem Sorgen, weil wir zusammenarbeiten
Speaker:und ich möchte gerne wissen, wie es Ihnen geht. Man kann es ja auch auf
Speaker:einer wirklich ernsthaften Ebene machen, so wie man sich als Professioneller,
Speaker:als Führungskraft, also so hinstellt und sagt, Ja, ich bin Profi, aber ich
Speaker:frage dann auch. Nun sollte man wirklich aufs Wording und auf den Ton achten. Und
Speaker:vielleicht auch mal die Frage stellen, möchte ich so angerufen werden? Einfach mal
Speaker:einmal reinversetzen vor dem Anruf. Ich habe gerade vor zwei Wochen
Speaker:vom Arzt beiläufig. Ich bin hingegangen, weil ich, was
Speaker:weiß ich, einen stechenden Bauch hatte. Und jetzt stellt sich doch aus, ich habe Magenkrebs
Speaker:oder sowas. So in dem Beilauf habe ich die Diagnose bekommen.
Speaker:Was möchte ich hören? Zumindest ein Ansatz. Man
Speaker:kann nie davon ausgehen, alles was ich denke und tue.
Speaker:Nicht jeder behandelt andere so, wie du behandelt werden möchtest. Das ist
Speaker:zwar sehr geläufig, würde ich aber von abraten, weil, ja, also,
Speaker:die klassische Antwort, behandele jeden so, wie du es möchtest, dann käme die Antwort
Speaker:zurück, was, du möchtest gerne mit Leberwurst von dem ganzen Körper eingeschmiert
Speaker:werden? Nein. Also, anfangen ein bisschen Empathie und reindenken.
Speaker:So, Und reflektieren, wie will ich es eventuell haben, was könnte
Speaker:gut sein. Dann tatsächlich, ich würde immer den Kontakt suchen. Nicht melden ist noch schlimmer.
Speaker:Also nicht melden ist noch schlimmer. Das ist einfach so. Ich
Speaker:nehme dich nicht wahr und du bist mir völlig egal. Du bist mir sogar egal
Speaker:als die Person, die bei uns vielleicht wieder an die Maschine muss. du
Speaker:kannst ja auch anrufen und sagen, ich brauche dich an der Maschine. Wie sieht das
Speaker:aus? Dann klingt das nicht gut und ist auch bestimmt nicht das Coolste, was man
Speaker:fragen kann und kommt auch nicht super cool an. Aber es ist immer ein Zeichen,
Speaker:dass zumindest diese Arbeitskraft gewürdigt wird an der Stelle. Das kommt nicht gut an, aber
Speaker:ist allemal besser als gar nicht, weil das ist Ignoranz. Und niemand mag ignoriert werden
Speaker:und schon gar nicht von einem Menschen, mit dem man sonst acht bis zehn
Speaker:Stunden am Tag zusammen ist, von Leuten, die man mehr sieht als die ganze Familie
Speaker:in der Woche.
Speaker:Was würdest du in diesem Moment auch der Führungskraft raten, die da an
Speaker:der Stelle für sich einfach auch, ich sag mal, Angst hat vor so einem
Speaker:Anruf? Im Zweifelsfall würde ich mir jemanden holen, mit
Speaker:dem ich das mal besprechen kann. Es ist ja wie im Coaching oder wie auch
Speaker:an anderer Seite, es geht ja darum, sich ein bisschen Wissen drauf zu schaffen. Also
Speaker:entweder gibt es da gute Unterlagen, zwinker zwinker Herr
Speaker:Hund, oder ich kenne jemanden, den
Speaker:ich ansprechen kann, mit dem ich darüber reden kann. Du musst ja nicht mal ein
Speaker:Trauerbegleiter sein oder ein Coach, kann ja auch ein guter Kollege oder eine
Speaker:Assistentin oder Assistent sein, mit dem man mal darüber reden
Speaker:kann. Da hat man schon mal zwei Hörner, die drauf rumdenken Und dann kann man
Speaker:sich da aufschneiden. Wenn man dann immer noch sagt, ich trau mich nicht, okay, dann
Speaker:hol dir halt ein bisschen professionellere Hilfe, wenn du das machen möchtest. Genau, wenn es
Speaker:dir das wichtig ist. Immer nur, wenn es dir das wichtig ist. Immer gucken, was
Speaker:ist es mir wert. Man muss nichts, in der Tat, das stimmt wirklich, man muss
Speaker:auch nicht anrufen, man muss nichts in seinem Leben, es gibt nur eine Sache, die
Speaker:wir alle müssen, das wissen wir, ganz am Ende, aber
Speaker:vorher immer ab, wir sind ja Sparfüchse, wir gucken immer nur was kostet es mich
Speaker:wenn ich es nicht mach. So die Rechnung kann ich ja vorher aufmachen wenn ich
Speaker:mich jetzt nicht melde was kommt und bei raus was passiert bin ich bereit den
Speaker:preis zu zahlen so das ist ja das ja immer das, was dahinter
Speaker:steht. Bringt meine Frau Blumen mit oder nicht? Was passiert, wenn nicht?
Speaker:Was ist gut, wenn doch? Und so weiter und so fort. Und das gleiche da.
Speaker:Ja, wenn der Rosenstrauß zu groß ist, ja. Ja, natürlich.
Speaker:Rachenfutter, keine Frage. Für die älteren Hörer
Speaker:unter uns. Ja, genau. Das ist dann,
Speaker:ja, immer ein gewissen Anpassen. Alles der Situation gemäß,
Speaker:genau. So soll es sein. Aber ich würde mir dann auch Unterstützung holen. Das zeichnet
Speaker:ja letztendlich auch jemanden, der führt aus, dass er ja auch weiß, wo er
Speaker:sich die Sachen holen kann. Muss ja nicht alles im Kopf haben, sondern muss ja
Speaker:nur wissen, wo man es herkriegt. Aber was ich von dir auch
Speaker:von vornherein jetzt auch in unserem Gespräch mitbekommen habe,
Speaker:zwar hat die Sabine die Diagnose bekommen
Speaker:hat, Aber du hast es ganz genauso miterlitten. Ja.
Speaker:Und Vielleicht in einer anderen Art und Weise als deine Frau.
Speaker:Aber du bist absolut mit involviert. Und
Speaker:ich glaube, das haben viele auch nicht unbedingt im
Speaker:Blick, dass es einfach auch in dem Moment ein ganzes System
Speaker:mitbetrifft. Ja, das ist so ein bisschen, ähm,
Speaker:Co-Abhängigkeit in anderer Varianz. Also, du hast ja im
Speaker:Grunde, du machst ja alles mit. Also wenn du jetzt, wir gehen natürlich von der
Speaker:funktionierenden Beziehung, die sich lieb hat und die man mag oder Kinder oder was auch
Speaker:immer. Das ist jetzt mal alles gesetzt, ne genau.
Speaker:Dann ist es natürlich so, wenn dir gesagt wird so, du
Speaker:Schatz, Ich hab Eierstockkrebs, war natürlich nicht so, dass ich's so gesagt hab, aber unterm
Speaker:Strich kommt's dabei raus. Dann ist mein Leben auch vorbei.
Speaker:Also alles das, was wir geplant haben, ist mit dem Satz vorbei.
Speaker:Nix mehr mit nochmal nach Amerika fliegen oder
Speaker:mal Australien nochmal hin oder gar nichts. Ich kann nicht mal, im Grunde ist die
Speaker:nächste Reise in Schwarzwald irgendwie womöglich schon gecancelt, weil man die nicht erlebt
Speaker:oder weil tausend Sachen einem durch den Kopf gehen. Das erste ist ja so, der
Speaker:erste Gedanke, scheiße, ich werde Witwer. War mein erster Gedanke.
Speaker:Und das ist ziemlich unrational. Das war schon ein sehr
Speaker:emotionaler Gedanke. Aber das ist halt, dein Leben ist vorbei an der Stelle, es ist
Speaker:vorbei, es ist anders, definitiv anders. Und von daher steckst du mitten
Speaker:drin und am Ende hast du dann auch noch,
Speaker:ich sag mal jetzt so, die Arschkarte, weil du musst übrig bleiben. Das
Speaker:Sterben ist ja nur für die Toten, bis sie weg sind.
Speaker:Danach interessiert's sie nicht mehr. Aber ich sitz da im Hospiz oder mit meinen Kindern
Speaker:oder meiner Familie. Und wir müssen alleine weitermachen. Das ist der
Speaker:Punkt. Und genauso ist das vorher auch. Du kriegst die Diagnose
Speaker:als Angehöriger. Und musst dann erst mal damit weitermachen.
Speaker:Dann kommt es darauf an, wie geht man damit was macht das. Aber es hat
Speaker:mich total zerrüttet damals, ohne Frage.
Speaker:Zumal ohne manchen Ärzten nahe zu treten.
Speaker:Aber im Krankenhaus habe ich auch so manches erlebt. Die
Speaker:gaben die Diagnose mit den lieben Worten: da - hast du es.
Speaker:Ja, da herrscht, also ich sage mal so, Ärzte, nicht alle, weiß Gott, nicht
Speaker:alle, das ist doch besser. Aber es gibt durchaus Ärzte und die haben wir auch
Speaker:erlebt, da sagt man immer, wenn die Aufgehende kommt, bringen die einen bunten Strauß großer
Speaker:Empathie mit und Einfühlungsvermögen.
Speaker:Wenn sie dann mit in die Tür reinkommen, verlieren sie einen Biss ans Bett am
Speaker:Patienten und sitzen dann nicht mal mehr mit einer kleinen Rose in der Hand da,
Speaker:sondern stehen unbeholfen greifend an ihrem Blockhörer vor und sagen, ja, wir haben jetzt
Speaker:eine Diagnose. Und es ist so einfach, den Leuten irgendwie
Speaker:das vernünftig zu überbringen. Nimm dir einfach nur einen Stuhl, setz dich zu den
Speaker:Patienten oder zur Patientin mit ans Bett. Wenn du die schon länger
Speaker:hast, setz dich mit aufs Bett, frag ob du die... Also da gibt
Speaker:es ganz wenige Skills, die sind völlig cool und die sind so
Speaker:wertschätzend und die machen das auf der anderen Seite für die Leute so erträglich,
Speaker:weil sie sich dann nicht nur wie ein Stück Fleisch im Krankenbett fühlen dürfen, sondern
Speaker:tatsächlich auch als Mensch gesehen, der gerade irgendwie dem ja im
Speaker:Block diktiert wird, dass sein Verfallsdatum radikal zusammengestrichen
Speaker:wurde. Ja, das ist das ist schon so.
Speaker:Und da kannst du mal gucken.
Speaker:Wenn ich Trauer beobachte, sowohl bei mir in der eigenen Familie, also mein
Speaker:Bruder ist mit 36 nach einer OP gestorben,
Speaker:oder eben halt auch noch andere Familienmitglieder im
Speaker:Freundeskreis, genauso aber auch als Klinikseelsorge. Ich
Speaker:habe eigentlich so erlebt, Trauer hat immer zwei
Speaker:Aspekte. Das eine ist so die emotionale,
Speaker:ich sage mal, Achterbahnfahrt, der emotionale Tiefschlag.
Speaker:Das Alte ist vorbei. Und der zweite Teil
Speaker:heißt für mich, wer bin ich, wenn du nicht mehr bist?
Speaker:Und das erste, das ist in den ersten Tagen, Wochen
Speaker:das beherrschende Thema. Es wird aber in dem Moment kleiner,
Speaker:wenn ich mich neu definieren kann. Wie erlebst du
Speaker:das?
Speaker:Ebe ich das? Ja, das ist eine sehr gute Frage. Also in
Speaker:meiner Wahrnehmung bei mir und auch mit den Menschen, mit denen ich zusammenarbeite,
Speaker:hast du halt am Anfang den Verlust, dann hast du halt, sag ich
Speaker:mal, die Schleusenzeit bis zur Beerdigung, wo sowieso Ausnahmezustand
Speaker:ist, Und dann kommt die Zeit danach, wo
Speaker:alles geregelt werden muss, wo viele noch
Speaker:gut und solide funktionieren. Ich nenne das jetzt wirklich mal funktionieren, weil es stimmt.
Speaker:Und es ist auch noch gar nicht im Alltag eingesickert.
Speaker:Spätestens aber dann, wenn sozusagen die letzten Formalakte, wo die
Speaker:letzten Formalakte vollzogen
Speaker:sind, spätestens mit dem Rentenbescheid oder solche Sachen, wegen
Speaker:Witwenrenten, bis das geklärt ist, was ja meist am längsten dauert,
Speaker:dann ist wirklich Schluss.
Speaker:Dann ist wirklich Luftabriss und dann trotelt die Maschine bei vielen, nicht bei allen. Trauer
Speaker:ist sowieso individuell, klar. Aber was dann, wie das dann
Speaker:ist, weil dann sind auch die Zeiten Dann ist das kein Urlaub mehr.
Speaker:Also die Person kann nicht im Urlaub sein, die kann offensichtlich auch nicht in der
Speaker:Reha sein oder solche Geschichten, die ist auch nicht mal im halben Auslandsjahr oder sowas,
Speaker:die kommt nie wieder. Und das wird dann voll realisierend. Und das
Speaker:ist dann immer nochmal so der zweite große Schub und da kommt tatsächlich,
Speaker:meiner Erfahrung nach, auch tatsächlich erst der Punkt, wo die meisten Leute sich eine Unterstützung
Speaker:holen. Weil dann kommt das, wie du sagst, wer bin ich, wofür, was soll das
Speaker:alles. Ja,
Speaker:naja, gut, aber das mit dem Wunsch des Nachsterbens ist ja meistens ein
Speaker:bisschen eher, aber gut, da kommen viele Sachen dann drauf. Was soll ich noch? Wenn
Speaker:ich vorher eine super Beziehung hatte und richtig klasse und alles lief oder mein Kind,
Speaker:also was auch immer, ich bleib mal beim Paar, das ist jetzt einfach eine Erzählung.
Speaker:Ist ja Beispiel dafür alles andere. Ja, dann was mache ich jetzt? Was tue
Speaker:ich? Wie gehe ich damit dass sozusagen die Hälfte, meine Hälfte auseinandergerissen
Speaker:wurde? Du hast ja, alles muss neu. Du kommst nicht nach Hause,
Speaker:also auf der Arbeit geht alles noch, und dann kommst du nach Hause, machst die
Speaker:Tür auf, Ja, und dann ist der, vielleicht stehen dann halt die Klamotten und die
Speaker:Schuhe, weil du sie nicht weggeräumt hast, weil du nicht wolltest, dass das gleich alles
Speaker:so brutal leer ist zu Hause. Andere räumen auf, aber bleib doch mal bei denen,
Speaker:dass da noch die Klamotten sind. Aber der Ruf, Schuhe aus oder irgendwas, was
Speaker:immer so war, kommt nicht. Und dann hast du dich vielleicht tatsächlich
Speaker:gezwungen und kochst dir was tatsächlich und machst nicht nur irgendwas
Speaker:schnelles. Es ist trotzdem öde alleine am
Speaker:Messtisch zu sitzen oder meinetwegen auf dem Sofa. Das Beste, was dir dann dazu einfällt,
Speaker:ist, dass das Radio läuft oder gar nichts läuft oder irgendwas auf Netflix
Speaker:und diversen anderen Anbietern, die Angst, aber das ist nicht das, wie
Speaker:es war. Genau, und das ist ein radikaler
Speaker:Umbruch, total. Auch ein Arbeitsplatz zu haben oder einen Job
Speaker:oder eine ernsthafte Beschäftigung kann helfen, aber auch Da kommt nachher die Frage, wofür mache
Speaker:ich das? Vielleicht hast du die Karriere nur angestrebt, damit du und dein Haus, dass
Speaker:ihr euch zusammen etwas leisten könnt im Leben, irgendwas machen könnt
Speaker:und der Grund ist weg. Ja. Ich
Speaker:habe bei euch jetzt mein 200 Quadratmeter Haus, mir
Speaker:reicht eine Zwei-Zimmer-Wohnung.
Speaker:Ja, salopp gesagt könnte das sein. Oder mein schickes Haus im
Speaker:Vorort. Sogar noch mit, das weiß ich, 3000 Quadratmetern
Speaker:Garten und unserem Pferd im Stall. Ein bisschen übertrieben, aber trotzdem
Speaker:jetzt brauchst du alles nicht. Reitest ja nicht, fahren wir deine Frau. So genau.
Speaker:Ja, das ist klar. Und dann stehst du da mit einem abgenähten Hemd, ne? Ja.
Speaker:Jetzt frage ich nochmal den Chef. Du hast ja in den Arbeitsverträgen
Speaker:und auch sonst gibt es ja im Endeffekt so diese
Speaker:vermeintlich offizielle Regelung, ein Tag frei, zwei Tage
Speaker:frei oder drei Tage frei. Wie würdest du an dieser Stelle mit
Speaker:umgehen? Denn sind wir mal ehrlich, wenn da dein Mitarbeiter zu dir kommt
Speaker:und du siehst, der ist zu allem fähig und zu überhaupt nichts zu
Speaker:gebrauchen, sagst du dann lieber, hier
Speaker:komm, gehst nach Hause, bleibst 14 Tage
Speaker:daheim, kriegst auch das Gehalt weitergezahlt,
Speaker:beziehungsweise wenn du dich vorher fühlst, kommste. Wie geht es denn damit Also
Speaker:viele geben ja oder versuchen ja noch nicht mal,
Speaker:den Tag oder die zwei Tage frei zu geben. Ich habe
Speaker:nicht nur einmal erlebt, dass direkte Angehörige kämpfen mussten,
Speaker:dass sie zur Beerdigung frei bekommen haben. Wo ich dann nur noch sagte,
Speaker:Leute, geht's noch? Ja,
Speaker:in der Beziehung muss man nicht mehr in der Gewerkschaft sein, zu sagen, da würde
Speaker:ich den Arbeitnehmer mal raten, ob er da gut aufgehoben ist bei dem Sauhaufen.
Speaker:Sag ich mal ganz ehrlich, das ist Nicht nur unempathisch, das ist einfach auch ein
Speaker:bisschen grenzwertig in der Selbstfürsorge des
Speaker:Unternehmens sozusagen. Warum soll der den Tag nicht frei haben? Was
Speaker:ist so wichtig, dass du den jetzt so vergraulst, dass der in Zukunft sagt, was
Speaker:ein Arsch der Chef. Meine Frau wird hier gleich begleitet, Meine Tochter, unser
Speaker:Frühchen, meine Mutter, egal was, meine Mutter habe ich noch
Speaker:acht Jahre mit Demenz gepflegt. Die ist jetzt endlich gestorben,
Speaker:in dicken Anführungszeichen. Und dann kann dieser Arsch von
Speaker:Chef mir nicht mal einen Tag freigeben. Dieses Gefühl,
Speaker:das gräbt sich so tief ein, das kuschelt sich direkt bei dem in die
Speaker:Amygdala. Das geht nicht mehr raus. Und wenn
Speaker:der gleiche Chef dann Weihnachten kommt, sagt, wir hatten ein tolles Jahr und ping, und
Speaker:sagt, na Herr Müller, wie geht's denn so, dann muss er aufpassen, dass er sich
Speaker:das Bier nicht vom Hemd vom Möbel wegwischen kann. Also da gibt es... Also,
Speaker:ne, ist jetzt mal alles ein bisschen gröber gezeichnet, aber warum denn nicht? Darum geht
Speaker:es ja. Es geht Verletzung, es geht Nichtachtung, es geht Missachtung. Richtig. So,
Speaker:und wenn jemand bei mir... Habe ich auch ein eigenes Beispiel
Speaker:tatsächlich auch in der Firma gehabt. Wir hatten damals einen Lehrling. So, und Da
Speaker:wussten wir, dass der Vater krank ist, aber so wie der Junge das kommuniziert hatte,
Speaker:damals war der 16, 17 oder so war, war das, ich sag mal, Männergrippe.
Speaker:Keine Ahnung, wir wussten nichts Genaues, geht uns ja auch nichts an. Und
Speaker:wenn du gefragt hast, dann sagt er, nee, nee, alles in Ordnung. Dann ist
Speaker:der mit den Gesellen los und dann sollte die irgendwie eine Einrichtung,
Speaker:ich glaube fünf oder sechs Spiegel anbauen und davon hat der drei getötet.
Speaker:Und zwar ganz banal, auch mit Fehlern, die macht man nicht. Auch die macht
Speaker:nicht mal ein Lehrling oder ein Praktikant. Dann kamen wir abends nachher und sagten, Mensch,
Speaker:was war denn los? Was soll denn das? Warum bist du so unkonzentriert? Und sagt
Speaker:dann nur ganz kurz, mein Vater ist gestern gestorben. Da ist uns alle die Kinnlade
Speaker:runterfragen. Wir sagen, Junge, sag doch mal was. Wenn wir es nicht wissen, können wir
Speaker:nichts machen. Wenn mir so was heute passiert, sage ich, nimm dir frei, ich habe
Speaker:nichts davon. Das ist genau der Punkt. Dann hab ich unkonzentrierte Menschen, lass die mal
Speaker:eine Maschine fassen oder so was. Am besten an der Kreissäge arbeiten oder sowas. Und
Speaker:dann habe ich die richtige Zeit. Dann ist die Fachkraft nicht erst den einen Tag
Speaker:gekommen, wo ich unbedingt will, dass er da ist. Und danach ist er dann sechs
Speaker:Monate weg. Herzlichen Glückwunsch. Und wie gesagt, das seelische Mal, was
Speaker:du da so kurze Zeit ausradiert hast, das Band der
Speaker:Sympathie zwischen euch, was du da gekappt hast, das fast unflickbar ist, war
Speaker:noch gar nicht mal mitgezählt. Also mein klarer Tipp, gebt denen
Speaker:auf jeden Fall die Tage, die ihnen sowieso zustehen. Die Jungs oder
Speaker:Mädels können auch zum Arzt gehen und sich krank schreiben lassen. Auch das ist nicht
Speaker:das Problem. Und wenn das Leute sind, wo du sagst, die sind
Speaker:mir wert und teuer, dann kriegen die halt ein oder zwei Wochen krank, frei und
Speaker:bezahlt. Dann ist das halt so. Was willst du denn machen? Da sind wir wieder
Speaker:beim Sparfuchs, wenn ich das jetzt mal gleich wieder so umbrechen darf.
Speaker:Ja, was kostet mich das? Was
Speaker:kostet mich das untern Strich, wenn ich mich verhalte? Ja, auch so.
Speaker:Genau. Aber das war ganz viel im Spiel. Kurz gesagt, lange Rede, kurzer Sinn, freigeben,
Speaker:freigeben, freigeben, soll sich krankschreiben lassen, was weiß ich. Ist ja auch kein
Speaker:Verbrechen, wenn die Leute sich mit so befassen, weil sie nicht mehr ganz an
Speaker:Bord sind. Das sagt jeder Hausarztmann hier. In der Woche schreiben sie mal
Speaker:krank, was soll das? Auch die sind nicht konzentriert, Sie sind nicht
Speaker:da. Das ist eine Gefahr für alle anderen. Zumindest, wenn das eine gewerbliche
Speaker:Abteilung ist. Bei den anderen weiß ich nicht, ob die da mit Bleistiften oder
Speaker:Laptops nach dem Notebook sich werfen. Das weiß ich nicht.
Speaker:Du alleine. Mir fallen Situationen ein, wo
Speaker:dann jemand einen Jurist Verträge unterschrieben hat
Speaker:und böse Klauseln übersehen hat. Und das war er ja
Speaker:richtig im siebenstelligen Bereich. Ja, herzlichen Glückwunsch.
Speaker:Da kann man dann aufstehen, zur Führungskraft gehen und sagen, gut gemacht. Schulter klopfen,
Speaker:wieder hinsetzen und Kopf schütteln. Das ist dann so. Genau.
Speaker:Viel Spaß dann im Rest des Lebens.
Speaker:Dann wird geliefert wie bestellt. Genau.
Speaker:Just in time quasi. Richtig. Also
Speaker:insofern, die Trauer beginnt in dem
Speaker:Moment, wo sie bekannt wird und
Speaker:es ist für jeden Unternehmer, für jede Führungskraft wichtig in diesem
Speaker:Moment wirklich zu den Mitarbeitern zu gehen und zu sagen,
Speaker:was brauchst du? Ja, und ich würde sogar noch... Ich kann dich nicht
Speaker:unterstützen, ich sehe dich, ich sehe dich in deinem Leid. Sorry,
Speaker:ja, sorry, ich bin jetzt fortgefahren.
Speaker:Und ich würde sagen, es ist nicht nur ab Trauerfall, sondern es ist auch, wenn
Speaker:jemand sozusagen eine Diagnose bekommt und der Angehörige oder die
Speaker:betroffene Person in der Firma ist. Schon ab da sind die nicht mehr voll
Speaker:zurechnungsfähig. Schon da haben die Hirnstürme und
Speaker:da würde ich schon mal, im Grunde fängt das ganze Prozedere an.
Speaker:Ja, der Anfang ist auch wichtig, weil da sind die so neben der Kappe
Speaker:weicher. Schreibt es in die Kommentare, wenn ihr nicht hier
Speaker:durch den Wind wart, würde ich jetzt mal sagen. Und lasst
Speaker:ein Like da. Aber das ist, nee, schon ab
Speaker:Anfang an, weil hilft viel, man kann sich eingerufen, und vor allem angenommen, es
Speaker:ist eine langfristigere Erkrankung, da möchte natürlich der Mann oder die
Speaker:Frau ihren Mann oder ihre Frau dann halt begleiten zum CT oder
Speaker:möchte mit der Tochter zum Arzt gehen oder bei der Chemo dabei sein, wenn da
Speaker:so ein sechsjähriges Kind da was reingeträufelt kriegt. Da möchte auch der Vater
Speaker:oder die Mutter dabei sein. Also die sind da nicht bei der Sache. Und wenn
Speaker:man das alles offen, transparent macht, kann man da einen sehr
Speaker:bekömmlichen Weg für beide Seiten machen, der für beide Seiten einzahlt.
Speaker:Und der auch dann darüber hinausgeht, wenn man immer natürlich ausgeht, man möchte
Speaker:diese Arbeitsbeziehung behalten, dann auch
Speaker:in die Zukunft weiter trägt. Und dann haben, unterm Strich, nachher haben alle was gelernt.
Speaker:Also das muss man auch noch mal sagen. Man hat ja auch immer nochmal einen
Speaker:Krankheitsgewinn so einen zusätzlichen, wenn man sich
Speaker:darauf einlässt, dass man da auch was bei lernen kann. Keine
Speaker:Angst vor Offenheit. Ja, da muss man aber üben.
Speaker:Das ist für jeder Muskel. Auch der Offenheitsmuskel muss trainiert werden. Richtig
Speaker:und der darf auch an dieser Stelle wirklich Fehler machen, solange es wirklich auch
Speaker:rüberkommt, ich bin offen, ich möchte dich unterstützen. Da kann es zu Fehlern
Speaker:oder zu Missverständnissen kommen, aber wenn man im Gespräch
Speaker:ist, kann man vieles lösen.
Speaker:Ich sage dir mal ganz ganz herzlichen Dank. Ja,
Speaker:ich sage dir auch ganz herzlichen Dank. Ich verlinke gerne
Speaker:nachher zu dir in den Show Notes.
Speaker:Und ja, liebe Hörerinnen und Hörer, wenn ihr
Speaker:Rückfragen habt, schickt entweder mir eine Mail, das
Speaker:ist ganz einfach, nämlich podcast.trauer-manager.de.
Speaker:Wenn ihr eine Frage an den Alexei habt und erst mal
Speaker:nicht die E-Mail-Adresse oder sonstige Kontakte habt, schickt sie
Speaker:mir, ich leite es gerne weiter. Und ich danke
Speaker:dir für deine Offenheit. Ja, gerne. Und mache Werbung,
Speaker:dass alle an dieser Stelle offen damit umgehen, denn
Speaker:wir haben viel zu gewinnen und noch mehr zu
Speaker:verlieren, wenn wir es nicht tun. Da bin ich ganz bei dir.
Speaker:Ich wünsche dir was. Vielen Dank. Tschüss.